Was ist Rollenspiel ? Eine kurze Einführung von Ylva Spörle
 
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Es handelt sich bei "Rollenspiel" um ein Gesellschaftsspiel. Wer jetzt an seine Spielesammlung mit dem Halma-Brett und den Skatkarten denkt, dem möchte ich sagen: Rollenspiel ist nicht vergleichbar mit gewöhnlichen Brett- oder Kartenspielen. Ja, es gibt auch hier Spielfiguren und gewissermaßen auch ein Spielbrett, aber beide existieren nur im Kopf der Spieler. Wie das funktionieren soll, möchte ich hier versuchen zu beschreiben.

Also: An dem Spiel können im Grunde beliebig viele SpielerInnen teilnehmen, aber Gruppen von 2 bis 6 Personen sind die Regel, da der Spielverlauf sonst zu zäh ist. Auch bei Brettspielen ist es ja öde, wenn man lange warten muß, bis man wieder etwas machen kann.

Neben den Spielern benötigt man noch eine Person, die den Part der Spielleitung übernimmt. Die "Spielfiguren" der SpielerInnen werden "Charaktere" genannt. Warum das? Nun, es handelt sich um frei erfundene Persönlichkeiten in einer fiktiven Umgebung. Das alles ist natürlich noch sehr vage, aber ich hoffe, es wird im Laufe dieses Textes klarer.

Die Spielleitung dirigiert die Spielrunde, indem sie die Charaktere der Spieler mit ihren Worten in ein ausgearbeitetes Szenario, das als Abenteuer bezeichnet wird, versetzt. Die Spielleitung erzählt den SpielerInnen, was um die Charaktere herum passiert, z.B. ob es regnet, ob am Straßenrand Kräuter wachsen oder ob der Markt reich besucht ist.

Alle SpielerInnen können sich nun in dieser beschriebenen Welt bewegen, indem sie der Spielleitung mit eigenen Worten erklären, wie sie handeln wollen. Dieser Austausch an Informationen läßt eine Art interaktiven Roman oder Theaterstück entstehen, wobei die Spielleitung alle anderen benötigten Rollen übernimmt und so die Illusion perfektioniert.

Die Faszination des Spiels ist die Möglichkeit, in verschieden Rollen zu schlüpfen, und diese Rollen so gut darzustellen, daß sie wirklich glaubhaft wirken. Das ist fast wie im Theater, nur daß die Darsteller nicht auf einer echten Bühne herumlaufen. "Die Bühne", das ist die Welt. Die Person der Spielleitung ist deshalb auch kein Guru, sondern wie ein Regisseur, der das Drehbuch als roten Faden im Kopf hat. Die Schauspieler haben durch das Drehbuch einen Rahmen, in dem sie ihre Rollen frei gestalten können. Auch im Fernsehen gibt es immer mal wieder "freie Assoziation": Viele Szenen in der berühmten alten "Raumschiff Enterprise"-Serie sind aufgrund von Ideen der Schauspieler bei den Dreharbeiten entstanden.

Im Rollenspiel können die "DarstellerInnen", also die "SpielerInnen" das Drehbuch durch ihre Handlungen sogar komplett umschreiben.

Um das Drehbuch zu schreiben, braucht die Spielleitung natürlich ein wenig Vorwissen, das sie dann den SpielerInnen vermitteln kann. Soll das Abenteuer in einer mittelalterlichen Welt spielen oder wünscht sie ein wenig Zukunftsatmosphäre? Welche besonderen Lebewesen gibt es in der Welt? In einer märchenhaften Welt ohne Elektrizität gibt es oft viele verschiedene Fabelwesen, wie z.B. Drachen, Elfen oder Gnome. Alle Wesen haben ihre Eigenheiten. Und meistens gibt es auch Magie, die ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten hat.

Das alles, also Eigenheiten der Welt und ihre Regeln, finden sich in einem sogenannten "Rollenspiel-Regelwerk" wieder. Mit dem Regelwerk brauchen sich die SpielerInnen nicht zu beschäftigen (sie können es aber). Die Spielleitung teilt ihnen alles mit, was sie wissen müssen.

Es gibt eine kaum überschaubare Anzahl von Welten, auf welche die SpielerInnen sich gemeinsam mit der Spielleitung begeben können. Und wenn jemand keine Lust hat, in einer Märchenwelt zu spielen? Vielleicht möchten die Mitspieler das auch nicht, dann gibt es ein neues Abenteuer in einer anderen Welt. Oder der Spieler bzw. die Spielerin schließt sich einer anderen Runde an.

Hat eine Runde sich zusammengefunden, arbeiten die SpielerInnen zusammen mit der Spielleitung die Eigenschaften ihres Charakters aus, mit allen Stärken und Schwächen, die ein intelligentes Lebenwesen eben hat. Soll er groß sein oder klein, welche Persönlichkeit, hat er - ist er aufbrausend und eine Sportskanone? Oder ist er vielleicht er ruhig und hat seine Stärken eher in der Mathematik?

Neben dem Spielleiter und den SpielerInnen braucht es zum Spielen nur noch ein paar Bögen Papier, um die Eigenschaften der Charaktere zu notieren und Würfel. Wozu dienen sie? Es gibt im Spiel immer wieder Situationen, in denen der Ausgang der Dinge ungewiß ist. Dann wird nach einem speziellen System gewürfelt. Das System ist nicht so kompliziert, wie es für den Einsteiger scheinen mag, aber es würde trotzdem zu weit führen, es hier zu erklären. Auf jeden Fall ist es so gestaltet, daß die Charaktere, die eine Sache besser beherrschen, auch größere Chancen haben, ihre Handlung erfolgreich durchzuführen. Ein Beispiel: Für eine geübte Zirkusartistin ist so ein bißchen Seiltanz kein Problem, ein kleiner Gelehrter wird seine liebe Not damit haben.

Damit die Spielleitung in einem solchen Fall nicht willkürlich eine Entscheidung treffen muß, werden die Würfel zur Hilfe genommen. Der Spielleitung bleibt noch die Aufgabe, das Ergebnis möglichst plastisch zu beschreiben. Was passiert dem Gelehrten, wenn er vom Seil stürzt? Hoffen wir, daß es nicht zu hoch war und ihn jemand auffängt!

So, das war jetzt erst einmal genug. Ich hoffe, dieses Hobby ist ein wenig transparenter geworden.

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